Ein wahres Kunstwerk ist es, das die Hornissen da geschaffen haben. Eigentlich war der Nistkasten für die Meisen vorgesehen, doch seit vier Jahren dient er regelmäßig den Hornissen als Behausung. Das funktioniert übrigens nur dann, wenn der Kasten im späten November gereinigt wird. Würde das alte Nest nicht entfernt werden, müssten sie sich im Folgejahr eine neue Unterkunft suchen. Für ein Hornissenvolk ist so ein Nistkasten eigentlich viel zu klein. In der Regel verlassen die Insekten dann auch im Hochsommer diese Unterkunft und suchen sich anderweitig eine Bleibe. Dieses Jahr jedoch – wohl auch dem trockenen Wetter der letzten Wochen geschuldet – haben sie sich für einen Anbau entschieden.
Das Jahr 2020 …
… ist ein Hornissenjahr, das kann man schon jetzt sagen. Gefühlt jeder dritte Vogelnistkasten ist derzeit von Hornissen als Nachmieter belegt. Doch leider sind selbst die geräumigsten Vogelnistkästen viel zu klein für ein Hornissenvolk. Dieses benötigt in der Regel den 4- bis 5-fachen Platz, den ein klassischer Vogelnistkasten bietet. Aus diesem Grund gibt es spezielle geräumige Kästen extra für Hornissen. Leider haben Hornissen kein Metermaß bzw. können offensichtlich nicht abschätzen, ob ein Raum ausreichend groß ist. So kann es sein, dass ein Volk einen Vogelnistkasten belegt, obwohl daneben ein geräumiger Hornissenkasten hängt. Das Volk im Bild hat als Nachmieter eines Kleibers dessen Domizil bezogen. So sehr sie die trockenen und warmen Sommertage auch mögen, bei Temperaturen über 30 Grad leiden auch die Hornissen. Aufgrund der derzeitigen Hitze versammeln sich die Arbeiterinnen am Eingang des Nestes und fächeln mit ihren Flügeln frische Luft in den Bau.
Die klassische Behausung für ein Hornissenvolk ist jedoch ein hohler Baum, in diesem Fall ein hohler Apfelbaum. Ist die Öffnung zu groß, wird sie auf das notwendige Maß verkleinert. Hat ein Volk einmal einen Platz ausgewählt, dann besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass auch im nächsten Jahr wieder Hornissen einziehen. Das tun sie jedoch nur, wenn zuvor das alte Nest entfernt wurde. Sie siedeln niemals wieder in alten Nestern. Hornissen sind extrem nützliche Tiere, wenig aggressiv und streng geschützt. Ein Volk kann aus mehreren hundert Tieren bestehen. Immer jedoch deutlich unter 1000. Für die Aufzucht ihrer Brut benötigen sie Fleisch, d.h. unter den Insekten haben sie sozusagen die Löwenrolle inne. Im Laufe eines Sommers fangen sie zur Freude von uns Menschen eine Unzahl von Fliegen, Bremsen und Wespen.
Die zwei kämpfenden Hornissen im Bild tragen einen sogenannten Kommentkampf aus. Hier wird vermutlich die Rangordnung im Volk festgelegt. Dabei rangeln und „beknabbern“ sich die Tiere oftmals länger als eine halbe Stunde, setzen aber nie ihren Stachel ein. Dieses Verhalten, auch Mauling genannt (engl. für „misshandeln“), ist gerade jetzt oft zu beobachten.
Johannes Fink (Mitglied des Vereins Lebenswerter Odenwald Heiligkreuzsteinach e.V.)